Freitag, 13. Juli 2012

rainy days

Die Regentage nach den ereignisreichen Tagen sind anstrengend.
"Those were days of roses
poetry and prose
and Martha all I had was you and all you had was me.
There was no tomorrow,
we packed away our sorrow and we saved it for the rainy days."
So oder so ähnlich singt Tom Waits.
Für mich werden die Tage erst gut, besser gesagt, es wird gut in den Tagen, wenn gelesen worden ist. Und manchmal dauert es, bis ich das Abendessen zubereite. Für meinen wilden großen Sohn scheint es ähnlich zu sein. Schon vor dem Mittagessen kommt er: "Kann ich dir vorlesen?" "Nein, das Essen ist fertig.". Am Nachmittag versucht er es noch einmal: "Kann ich dir vorlesen, nur ein bisschen?". "Nein, wir gehen jetzt raus." Am Abend ist es endlich soweit. "Ich habe schon ein bisschen gelesen." sagt er, bevor er endlich dran ist. Vor fünf Jahren hat er gesagt, er wird es nie schaffen, zu lesen.

Montag, 9. Juli 2012

business as usual

Ein normaler Tag in den 13 und mehr Wochen dauernden Ferien ist tägliches Vorlesen (mir). Der Rallyefahrer liest ein spannendes Jugendbuch über einen Wunderwuzziknaben, der mit einem japanischen Abenteuergefährten von einer außergewöhnlichen Welle von einem Korallenriff gespült wird.

Der große Sohn  liest seit ewigen Zeiten "Il Corsaro nero" von Emilio Salgari, einem der bedeutendsten Jugendautoren Italiens, der Karl May Italiens, der hat auch sein Zuhause nie verlassen, dabei sind wir gerade zwischen Mexiko und Honduras unterwegs. Und gelebt hat er auch etwa vor einem Jahrhundert, Eben 1911 hat er harakiri begangen, echt, das hat er wahrscheinlich wo gelesen. Geschriben hat er den schwrazen Korsar in Genua, ich glaube, dort sollte ich auch hin fahren und gelebt hat er in Turin was mich sehr darin bestätigt, Turin für die Stadt des Buches und der Leser schlechthin zu halten. Aber auch in Kalabrien hat es Schriftsteller gegeben, Corrado Alvaro zum Beispiel, mit dem ich mich nach meiner Rückkehr befassen werde. Der Sohn und ich haben noch etwa 40 Seiten zu bewältigen und ich frage mich, was wir dann tun werden, was er dann tun wird. Letztes Jahr hat er den "Tiger von Mompracem" gelesen, den Sandokan, der ja auch eine Tv-Serie geworden ist, deren Titelmelodie bei der kleinsten Erwähnung in meinem Gehirn zu schmettern beginnt. Bitte was machen wir ohne den Schwarzen Korsar, den supertoughen guy mit seinen Filibustieri-Jungs, darunter ein Schwarzer, liebevoll Kohlensack genannt? Das Buch hat er übrigens selbst ausgesucht und zwar auf unserer Reise in die große Stadt im letzten Jahr in der Buchhandlung in Roma Termini. Da sieht man, dass wir die über 500 Seiten im letzten Schuljahr nicht bewältigen konnten, da war so ein Stress und so ein dickes "Anthologie" genanntes Lesebuch.

Das Kind hat sich in der Bücherei in der italienischen Abteilung die schönsten Märchen ausgeborgt und hat Abstand von seinem Tanzbuch genommen, in dem es um Modern Dance geht. Ich verstehe ihn, im modernen Buch kennt man sich nicht aus, wenn man nicht täglichen TV-Konsum gewohnt ist, bei dem viele Personen vorkommen, bei dem Märchen "Der gelbe Zwerg" hingegen verstehen wir alles und das Kind liest alle 15 Seiten, obwohl es anfangs sehr skeptisch ist. Angeblich brauchen Kinder Märchen, aber ich weiß nicht, ob all diese Feen und Prinzessinnen dem Kind wirklich gut tun. Am Nachmittag will er der Oma und mir einen goldenen Wagen zaubern, weil wir nämlich älter werdende Menschen sind. Meine Mutter freut das.

Gestern habe ich eine website gefunden in der man schreiben kann, wieviele Bücher man auf dem Weg zu seiner Wunschanzahl bereits gelesen hat, aber dam Amy 0 von 70 Büchern, Steve 0 von 12 Büchern und Kate 1 von 150 Büchern gelesen hat, wende ich mich erschauernd vom Internet ab und beklage dessen Unendlichkeit. Auf meinem Nachtkästchen liegt auch noch immer "Blind Assassin" von Margaret Atwood. Das hat auch über 500 Seiten und ich sollte vielleicht einen Wettlauf mit dem Sohn und seinem Schwarzen Korsar beginnen. Außerdem habe ich einen Verdacht: Die junge Frau im Buch im Buch "Bind Assassin" ist vielleicht gar nicht Laura, sondern Iris selbst. Gleich weiterlesen.

Sonntag, 8. Juli 2012

sich eingraben

In diesem Sommer sollen wir Besuch bekommen, eines der besuchenden Kinder ist sehr anstrengend. Der Rallyefahrer stellt in trockener Verzweiflung fest: "Oh nein, ich schaufle mir ein Grab und nehme mir ein Buch mit." Ich schaue ihn freundlich an und wische mir den Mund mit der Serviette ab. Ich sage nichts, aber noch Wochen später könnte ich singen, tanzen und springen vor Freude: Er nimmt sich kein Nintendo, keinen Computer, keine Playstation, keine Wii in sein Grab, sondern ein Buch. Ich habe gewonnen. Das ist mein erster Sieg im Langstreckenlauf zum Ziel: Alles was ich meinen Kindern beibringen kann, ist zu lesen. Wer lesen kann, wird überleben.